Das interdisziplinäre Zentrum für hepatobiliäre und gastrointestinale Erkrankungen befasst sich klinisch sowohl mit der Leber und den Gallenwegen, als auch mit Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und des Magen-Darmtraktes.
Damit verbunden ist eine große Bandbreite an Erkrankungen, die diese Organsysteme betreffen können. Hierzu zählen akute und chronische Lebererkrankungen, sowie die Leberzirrhose, das hepatozelluläre Karzinom („Leberkrebs“) und das cholangiozelluläre Karzinom (Krebserkrankungen der Gallenwege und -blase) als schwerwiegende Folge chronischer Lebererkrankungen.
Auch akute oder chronische, oft entzündlich bedingte, Erkrankungen oder Tumore des Magen-Darmtraktes und der Bauchspeicheldrüse stehen im Fokus unserer klinischen Tätigkeit. Ebenso breit gefächert sind die wissenschaftlichen Fragestellungen, mit denen sich unsere Sektion beschäftigt.
Medizinische Forschung in unserer Sektion beinhaltet sowohl grundlagenorientierte Arbeiten an verschiedenen Modellen menschlicher Erkrankungen (in vitro und in vivo), klinische Arbeiten (patientenbasiert) sowie translationale Ansätze, in denen Daten aus Modellen mit denen aus der humanen Situation in Verbindung gebracht werden.
Unsere wissenschaftliche Tätigkeit wird unter Anderem gefördert durch:
- Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
- Europäische Lebergesellschaft (EASL)
- Stiftungen
- Industriemittel
Wir möchten an dieser Stelle unseren Unterstützern und den Förderorganisationen danken, ohne die unsere Forschung nicht möglich wäre.
Forschung des Interdisziplinären Zentrums für hepatobiliäre und gastrointestinale Erkrankungen
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist eine Komplikation chronischer Lebererkrankungen und bleibt eine der Hauptursachen der weltweiten krebsbedingten Mortalität. Früherkennungsprogramme sind entscheidend, um ein möglichst langes Gesamtüberleben nach Erstdiagnose zu erzielen. Für die Früherkennung bzw. die Überwachung bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen kommen aktuell die Sonographie in der Kombination mit der Bestimmung verschiedener Biomarker im Serum zum Einsatz.
Zur Optimierung der Früherkennung wurde der GALAD Score entwickelt, der Alter, Geschlecht, sowie die Serum-Biomarker AFP, AFP-L3 und DCP umfasst. In der Vergangenheit wirkte unsere Arbeitsgruppe bei einer Vielzahl internationaler, retrospektiver Validierungsstudien mit, welche die hohe Effektivität des GALAD Scores in der HCC-Frühdetektion attestieren konnten.
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31712073/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27936479/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26775025/
Der Fokus unserer aktuellen klinisch-wissenschaftlichen Arbeiten liegt auf der nicht-invasiven, frühen Detektion des hepatozellulären Karzinoms (HCC) und einer Verbesserung des klinischen Managements dieser problematischen Erkrankung.
Vor allem eine frühere Erkennung des HCC bei der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) könnte die therapeutischen Möglichkeiten bei dieser chronischen Lebererkrankung dramatisch verbessern. Diese spezifische Fragestellung wird in enger Zusammenarbeit mit der Sektion Metabolische und präventive Medizin untersucht. In weiteren Studien zu HCC und GALAD werden Erkrankungsursachen, Effektivität der therapeutischen Ansätze und Möglichkeiten der Optimierung der Therapie untersucht.
Grundlagenorientierte Arbeiten in diesem Feld zu momentan zu zwei Fragestellungen durchgeführt:
1.) Metabolisches Syndrom und Adipositas stellen Risiken für Tumorentstehung im Gastrointestinaltrakt und dabei zuvorderst in der Leber dar. Mittels primärer humaner Leberzellen sollen zunächst in vitro die, weitgehend unklaren, Mechanismen der metabolisch-bedingten Tumorgenese in der Leber eruiert werden. Hierbei liegt unser Hauptaugenmerk auf der Insulinresistenz und verändertem Lipid-Stoffwechsel der Hepatozyten. Diese Arbeiten sollen auch auf andere Organe, wie z.B. den Pankreas und Darm ausgeweitet werden.
2.) Verschiedene cholestatische Erkrankungen erhöhen das Risiko für cholangiozelluäre Karzinome (CCC). Die hierbei beteiligten Mechanismen, vor allem bei der primären und sekundär sklerosierenden Cholangitis, sind bislang unverstanden.
Ansprechpartner zu klinischen Studien bei HCC und CCC: PD Dr. Jan Best
Ansprechpartner zu HCC-fokussierter Grundlagenforschung und metabolischer Tumorgenese: PD Dr. Jan-Peter Sowa
Im Bereich der chronischen Lebererkrankungen liegt unser Hauptaugenmerk auf der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD), der progressiven nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) und dem damit eng assoziierten metabolischen Syndrom.
Während die zentrale Ursache dieser Problematiken ohne Zweifel ein Kalorien- und daraus entstehender Fettgewebeüberschuss ist (Übergewicht, Adipositas), sind die zellulären und molekularen Mechanismen noch weitgehend unklar.
Einen adäquaten therapeutischen Ansatz, abgesehen von Gewichtsreduktion (mehr als 10 % des Ausgangsgewichtes) durch intensive Veränderung des Lebensstils (mehr, viel mehr [intensive] Bewegung; Anpassung der Ernährung) gibt es nicht.
Wir untersuchen Zusammenhänge zwischen hohen Lipidkonzentrationen in Blut und Leber, Apoptose/Inflammation und der damit verbundenen Leber-Fibrosierung. Diese leberspezifischen Prozesse werden jedoch mit der Situation im Fettgewebe in Relation gesetzt. Gegenwertig versuchen wir diese Interaktion von Fettgewebe und Leber genauer zu untersuchen und um die zusätzliche Komponente des Darm-Mikrobioms zu erweitern.
Für diese Arbeiten kommen ernährungsbasierte Mausmodelle, primäre humane Zellen und Zelllinien sowie humane Proben zum Einsatz, um eine möglichst umfassende und Modell-übergreifende Datenlage zu schaffen.
Klinische Arbeiten in Bezug auf NAFLD beschäftigen sich mit einerseits mit dem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und andererseits mit nicht-invasiven prognostischen und diagnostischen Scores. Letztere sollen einerseits langfristig ein breit angelegtes Screening für NAFLD ermöglichen. Andererseits auch Patienten mit besonderem Risiko durch NASH oder drohende Folgeerkrankungen identifizieren, ohne dass eine Leberbiopsie erforderlich ist.
Alle Studien und Arbeiten in diesem Forschungsfeld werden in Kooperation mit der Sektion Metabolische und präventive Medizin bearbeitet.
Ansprechpartner zu klinischen Projekten / nicht-invasiver Diagnostik bei NAFLD: PD Dr. Jan-Peter Sowa
Ein Versagen der Leber ist lebensbedrohlich und meist nur durch eine Lebertransplantation zu heilen. Allerdings variieren die tatsächlichen Risiken, die Möglichkeiten konservativer Therapie oder Überbrückungsmaßnahmen sowie letztlich das Outcome erheblich zwischen verschiedenen Ätiologien des Leberversagens.
Einen weiteren lange unterschätzten Einflussfaktor machen unerkannte chronische Lebererkrankungen aus, die mit aber auch ohne Fibrose / Zirrhose vorliegen können, und erstmalig bei einer akuten Leberschädigung bemerkt werden (sog. acute-on-chronic Leberversagen). In diesem komplexen Erkrankungsbild entwickeln wir in klinischen Arbeiten prognostische Marker und Möglichkeiten, Patienten abhängig vom individuellen Risiko vor einer ggf. unnötigen Lebertransplantation zu bewahren.
Parallel zu den klinischen Arbeiten, können wir humane Lebergewebestücke mittels eines von uns entwickelten Perfusionssystems (ex-vivo Leberperfusion) für bis zu 72 h funktional erhalten. In diesem System konnten wir modellhaft ein Leberversagen abbilden und weiten aktuell das Untersuchungsspektrum aus. Neben Identifikation und Beobachtung von Immunzellpopulationen im perfundierten Gewebe wird auch die Modell-Generierung einer NAFLD realisiert.
Ansprechpartner zu translationaler Forschung beim akuten Leberversagen: Prof. Ali Canbay, PD Dr. Jan Best
Ansprechpartner zur Perfusion von humanen Leberresektaten:
Herr Dr. Thomas Schreiter
Seit wenigen Jahren wird zunehmend klarer, dass die humane Biologie auch das Mikrobiom berücksichtigen muss, das mit seinem Wirt – dem Menschen – in Wechselwirkung steht. Wir untersuchen das Darm-Mikrobiom und dessen Interaktion mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sowie Magenkarzinomen.
Weiterhin untersuchen wir in diesem Feld, in dem ohne Zweifel noch viele Fragen offen sind, die Achse Darm-Mikrobiom-Leber mit Bezug auf Adipositas und NAFLD aber auch auf Tumorentstehung. Dieser Bereich ebenfalls wird in enger Kooperation mit der Sektion Metabolische und präventive Medizin untersucht.
Ansprechpartner zur Rolle des Mikrobioms bei Leber- (NAFLE, NASH und HCC) und Darmerkrankungen (MC, CU, Zöliakie):
Herr PD Dr. Bechmann, Herr PD Dr. Jan Best und Frau Dr. Svenja Sydor
In diesem Bereich wird in erster Linie klinische Forschung zu diagnostischer und interventioneller Endoskopie durchgeführt. Unsere Endoskopie arbeitet mit modernsten Standards und nutz unter Anderem künstliche Intelligenz (KI) zur optimierten Polypendetektion.
Die weitere, stetige Verbesserung der Effizienz, der diagnostischen Genauigkeit und eine Maximierung des Nutzens der erhaltenen Befunde stehen bei unserer endoskopischen Forschung im Vordergrund.
In einem aktuellen Projekt werden Daten von 384 Patienten ausgewertet, bei denen zur Abklärung einer chronischen Blutungs-/Eisenmangelanämie sowie einer akut-overten GI-Blutung eine Videokapselendoskopie durchgeführt wurde. Die Therapie detektierter Angiektasien kann beispielsweise rein konservativ oder durch Ballonenteroskopie mit APC-Koagulation erfolgen, eine medikamentöse Therapie ist bisher noch nicht etabliert.
Eine wichtige Fragestellung der aktuellen Auswertung ist in diesem Zusammenhang, ob eine Änderung über die Zeit zu sehen ist, die z. B. mit der Einführung neuerer Antikoagulationstherapien (sog. „NOAKS“) zusammenhängt. Ferner gilt es, bestimmte Patienten zu detektieren, die aufgrund der Krankheitsausprägung und des Verlaufes (Rezidive) oder der Komorbidität (Endoskopierisiko) sich für medikamentöse Therapie der Angiektasien qualifizieren würden.
Ansprechpartner zu klinischer Forschung zur Therapie gastrointestinaler Blutungen sind: Dr. Steckstor und Herr Baraksei
Auf Grund der Komplexität gastroenterologischer und hepatologischer Physiologie und Pathophysiologie setzen wir ein breites Spektrum an experimentellen Ansätzen und Detektionsmethoden ein.
Modellsysteme:
- In vitro Zellkultur:
- Zelllinien
- Primäre humane Leberzellen (Hepatozyten, Kupffer Zellen, hepatische Sternzellen, etc.), isoliert aus Lebergewebe nach partiellen Hepatektomien
- ex vivo Gewebekultivierung (Leberperfusionsmodell)
- Ernährungsbasierte und genetische in vivo Modelle
- humanes System: Für klinisch-orientierte Forschungsprojekte stehen uns umfangreiche Materialbanken (z.B. Biopsien aus Leber und Fettgewebe, Blut, Stuhl, DNA von Patienten, usw.) zur Verfügung.
Detektionsmethoden:
- qualitative und quantitative (RT-)PCR (DNA, RNA und miRNA) mittels SYBR Green- und TaqMan-Assay;
- digital droplet (dd)PCR
- SNP-Analysen;
- Genotypisierung;
- Sequenzierung;
- Mikrobiom-Charakterisierung über 16s-r-RNA-Sequenzierung;
- ELISA;
- Westernblot;
- histologische Färbungen mit digitaler Quantifizierung;
- immunhisto- und immuncytochemische Färbungen mit digitaler Quantifizierung;
- Detaillierte Messung von Cholesterin-Varianten in humanem Blut (partikuläres, lösliches, VLDL, LDL, HDL, sowie Stoffwechselprodukte) in Kooperation mit der INFAI GmbH (Köln).
- Philip Johnson (Department of Molecular and Clinical Cancer Medicine, University of Liverpool, Liverpool, UK)
- Hidenori Toyoda (Department of Gastroenterology, Ogaki Municipal Hospital, Ogaki, Japan)
- Leo van Grunsven (Liver Cell Biology Research Group, Department of Basic Biomedical Sciences, Vrije Universiteit Brussel, Brussels, Belgium)
- Steven Dooley (im Rahmen des LiSym-Konsortiums C-TIP-HCC II. Medizinische Klinik – Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie Universitätsklinikum Mannheim)
- Prof. Dr. Dominik Heider (Department of Mathematics & Computer Science; University of Marburg)
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